Tag 92 "Bom Dia Lagos!"
Oder was soll man sagen, wenn man passend zum Sonnenaufgang die letzte Landspitze Europas in Richtung des Atlantiks erreicht?
Schon früh in der Nacht, sahen wir immer wieder den Schein des Leuchtturms vom Cabo de São Vicente.
Ihr könnt euch nicht vorstellen, was es für ein mega cooles Gefühl ist, dort an der Ecke zu sein und zu wissen:
"Ein paar Meilen weiter geradeaus ist schon Afrika. Links von uns geht's Richtung Mittelmeer in die Straße von Gibraltar. "
Mega cool zu wissen und dennoch uninteressant für uns. Oberste Priorität hat immer noch Madeira, was uns vor allem bei den Temperaturen in der Nacht klar wurde (unsere Kleidungsausstattung seht ihr auf dem Bild 😂).
Aber jetzt erst einmal ganz von vorne.
Nachdem wir nun unseren Monatstarif im Parque das Nações voll ausgelebt hatten und kein passendes Wetterfenster in Sicht war, um nach Madeira zu segeln, musste es trotzdem dringend mal wieder weitergehen.
Die Rufe der See wurden immer lauter und auch der Willy wurde schon quengelig, so lange nicht mehr durchgeschaukelt und gesegelt worden zu sein.
Also nochmal ein kurzer Blick ins Wetter und mit dem letzten Nordwind hieß es für uns dann jetzt:
"Ab in den Süden!"
Um etwas tidenunabhängiger zu sein und für ein letztes Treffen mit Sara, machten wir am Donnerstagnachmittag den 15.10. die Leinen los, um zu einem kurzen Törn nach Oeiras aufzubrechen. Dieses kleine Örtchen liegt am Eingang des Tejos, nicht weit von Saras Zuhause entfernt.
Außerdem ermöglichte es uns für Freitag einen Törnstart, wann immer wir Lust hatten.
(Mittlerweile hatten wir nämlich begriffen, dass Segeln für uns absolut Stimmungs- und Gefühlsabhängig war. Wenn wir uns selbst gut fühlten, konnten wir auch viel besser mit Wind, Wellen und Problemen umgehen. So ist es für uns zum Beispiel völlig unrelevant, wann wir in eine Tour starten - Hauptsache wir haben gut geschlafen und das Befinden ist uns danach, dann können wir jedes Ziel erreichen und jeden Törn genießen).
Mit 8 Knoten Geschwindigkeit und 25 Knoten Wind auf der Logge, schoss der Willy dann am Wind, mit der Strömung und nur unter Vorsegel den Tejo entlang. Das war also schon mal wieder eine rasante erste Fahrt und man merkte:
"Willy braucht wieder Auslauf."
In Oeiras angekommen, erwartete Sara uns schon an der Promenade und gab uns noch mega viel hilfreiche Lektüre, über die Algarve und Madeira mit.
Womit können wir das nur wieder gut machen?
Nach einem kleinen Abendspaziergang, ging es für uns früh ins Bett, um ausgeschlafen in unsere nächste Tour zu starten.
Ausschlafen?
Nicht in Oeiras!
(Dafür muss man natürlich wissen, dass ausschlafen für uns so bis ca. 10 Uhr bedeutet).
Morgens um 8.30 Uhr klopte es am Boot. Natürlich können wir soetwas geflissentlich ignorieren, aber spätestens wenn du merkst, dass jemand einfach so auf dein Boot steigt, wirst du schnell.
Sven sprang also aus dem Bett, schaute durchs Lug und wurde von einem breitgrinsendem Hafenguide begrüßt:
"Bom Dia! Its for you!"
Und winkte mit einer Brötchentüte in den Händen.
Wie Sven so ist, reagierte er natürlich mit dem typisch deutschen Denken:
"Nein, dass hab ich gar nicht bestellt!"
Und trotzdem - die Brötchen blieben unsere. Was ein toller und netter Service.
Nur das leise an Bord bringen, müssen sie noch üben :-P.
Naja, wir ließen uns das Frühstück dann aber noch ausgiebig schmecken, ehe wir um 12 Uhr die Leinen los machten.
120 Seemeilen, ca. 24 Stunden.
Auf in den Süden, auf nach Lagos!
Entgegen aller Wettervorhersagen, traf uns draußen erst einmal fast kein Wind von vorne.
Also motorten wir die erste Stunde bei ebenfalls fast keiner Welle und gegen den Strom, raus aus den Tejo.
Mit dem Wind, kam dann auch die Welle und schon ab 14 Uhr schob uns der Nordwind mit beständigen 20 Knoten (in Böen vielleicht auch mal 25) richtung Lagos.
"Der Wind in dieser Stärke sollte doch erst so gegen 17 Uhr kommen", meinte ich nach drei Stunden auf See und mein Meckern konnte wieder beginnen.
"Von wegen ruhigen Start", schimpfte ich, als uns schon nach kurzer Zeit jede siebte Welle wieder mit 1,5 - 2m begegnete.
Naja, letztendlich denke ich, lag mein anfängliches Schimpfen vor allem an der langen Seeabstinenz. Irgendwie muss man sich an Seegang ja doch immer erst wieder gewöhnen.
Und dennoch ist Segeln auch immer wieder toll und wenn man im Hafen ist, fühlt man sich nicht nur wieder ein Stück gewachsen, sondern möchte am liebsten gleich wieder raus.
Verrückt oder?
Vor allem die besonderen Momente, die man nur auf See erleben kann, machen es zu etwas ganz Besonderem und irgendwie zu einer Art "Hassliebe".
So beglücken uns auch diesmal wieder mehrere Delphine, die mit und um unseren Willy drumherum spielten.
Mein größtes Highlight ist allerdings immer wieder der Sternenhimmel.
In dieser Nacht leuchtete uns diesmal leider (oder zum Glück?!) kein Mond, was uns einen Himmel mit Millarden Sternen eröffnete.
Sowas hatte ich an Land noch nie gesehen! Wie auch mit den ganzen Lichtern der Städte und Menschen?!
Aber auf See, im stockdunkeln, sieht man einfach alles. Mindestens 10 Sternschnuppen entdeckte ich, bis ich nicht mehr wusste, was ich mir wünschen sollte!
Einfach unglaublich toll.
Nachdem wir morgens um 4 Uhr dann den Motor anmachen mussten, wurde es immer ruhiher. Um das Cap gebogen war die Welle dann völlig eingeschlafen, so wie Sven, der die ganze Nacht wach war und erstmal drei Stunden schlafen ging.
In der Zeit konnte ich die wahnsinnige Sicht auf die Küste der Algarve genießen. Hohe Felswände, mit vielen kleinen Höhlen in braunem Gestein, soweit das Auge reicht.
In Lagos angekommen, müssen wir uns derzeit aber erstmal wieder an die deutsche Sprache um uns herum und an die ganzen Menschen gewöhnen.
Ja ihr hört richtig, der Ort ist von deutschen Touris überschwemmt.
Nach der Ankunft machten wir uns wie immer direkt auf den Weg, unsere Tour angemessen zu begießen (letztendes waren es drei Kannen Sangria) und einen ersten Eindruck von der Stadt zu bekommen.
Kaum auf der Promenade angekommen, hörten wir nur noch Deutsch um uns herum. Auch auf den Verkaufsschildern, entdeckten wir häufig Deutsch.
Da müssen wir uns nach der Ruhe und Abgeschiedenheit der Expo Marina und Lissabons, erst einmal wieder dran gewöhnen.
Heute tun wir dies mit einem Strandtag, in wunderschöner Kulisse. Mal schauen, was es in den nächsten Tagen noch alles zu entdecken gibt, aber seid euch sicher:
Wir werden euch davon berichten und eigentlich hat uns auch die Segellust wieder gepackt.
P.S. Ach ja, zur Ablenkung auf See eigenet sich übrigens ein Hörbuch von Thorsten Sträter herrvoragend. Der bringt einen sogar zum lachen, wenn man es eigentlich gar nicht will.
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Walter (Dienstag, 20 Oktober 2020)
Viel Spass Ihr 2!! Grüssle Walter
Pit (Donnerstag, 22 Oktober 2020 10:10)
Wow, Ihr macht ja echt unglaublich Strecke! Wahnsinn!
Wenn Ihr an der Algarve ein Bisschen was sehen wollt wendet euch doch mal an Ursula und Alex von der SV Assai. Die beiden stehen aktuell in Portimao auf dem Trockendock und kennen sicher den ein oder anderen "hidden spot".
https://svassai.com/